Harnsteine als Werkstoff – eine überraschende Entdeckung

Hart wie Eisen und Titan: Harnsteine im Zentrum der Forschung

Die Urologische Abteilung des LKH Hochsteiermark am Standort Leoben und das Department für Werkstoffwissenschaften der Montanuniversität Leoben forschen im Rahmen einer einzigartigen wissenschaftlichen Zusammenarbeit an einem weit verbreiteten Volksleiden: Harnsteine. Gemeinsam untersuchen Univ.-Prof. Dr. mont. DI Daniel Kiener von der Montanuniversität Leoben und Priv. Doz. Dr. med. Stefan Heidler vom LKH Hochsteiermark die mechanischen und strukturellen Eigenschaften dieser Steine. Ziel dieser Kooperation ist es, neue Behandlungsmöglichkeiten zu entwickeln und technische Innovationen in Diagnostik und Therapie zu ermöglichen.

Obwohl Bergbau und Harnsteine auf den ersten Blick wenig miteinander zu tun haben, hat die Zusammenarbeit zwischen der Montanuniversität und der Urologie erstaunliche Einsichten ergeben. „Die Kombination von medizinischem Fachwissen und den Methoden der Werkstoffwissenschaften eröffnet uns völlig neue Perspektiven“, erklärt Priv. Doz. Dr. Heidler. „Dadurch können wir Harnsteine aus einem völlig neuen Blickwinkel betrachten“.

 

Harnsteine als Werkstoff – eine überraschende Entdeckung

Die Untersuchungen an der Montanuniversität stellen dabei eine Vertiefung der routinemäßigen Steinanalyse dar, mit deren Hilfe den Patient*innen eine geeignete Prophylaxe angeboten werden kann.

Im Rahmen des Projekts werden die durch endoskopische urologische Eingriffe entfernten Harnsteine mit modernen Methoden der Werkstofftechnik analysiert. Dafür werden diese am Lehrstuhl für Materialphysik speziell aufbereitet und mit einem hochauflösenden Mikroskop untersucht. Als nächster Schritt folgt der Mikrohärtetest nach Vickers, wobei winzige Diamantprüfkörper in den Stein gepresst werden und aus der Größe des Abdruckes die Härte berechnet werden kann. 

Die ersten Ergebnisse sind vielversprechend: Die Härtewerte der häufigsten Harnsteine entsprechen denen von Metallen wie Kupfer, Eisen, Titan und Nickel. Diese Erkenntnisse könnten nicht nur die Behandlungsmöglichkeiten von Harnsteinen erheblich verbessern, sondern auch zu innovativen Diagnostikverfahren führen.

„Die Zusammenarbeit mit Univ.-Prof. Dr. Kiener vom Institut für Materialphysik der Montanuniversität, einem weltweit anerkannten Experten für Mikro- und Nanomechanik, stellt eine absolute Bereicherung dar. Die ersten gewonnenen Daten haben bereits internationales Interesse geweckt“, sagt Priv. Doz. Dr. Heidler. Über die wissenschaftliche Forschung hinaus sind dies Erkenntnisse aber auch relevant für Firmen wie Richard Wolf, die weltweit zu den gefragtesten Herstellern von Endoskopen, Stoßwellen- und Lasergeräten zählt. 

 

Ein Blick in die Zukunft der Harnsteinbehandlung

In einem weiteren Schritt wird die Abteilung für Radiologie des LKH Hochsteiermark in das Projekt eingebunden. Dr. med. Georg Gotschuli, Facharzt für Radiologie, arbeitet daran, die Forschungsergebnisse in die Computertomographie zu integrieren, sodass die neuen Erkenntnisse direkt in die klinische Diagnostik übernommen werden können. 

„Wir sind zuversichtlich, dass die gewonnenen Erkenntnisse künftig neue Behandlungsstrategien für unsere Patient*innen ermöglichen und damit einen wichtigen Beitrag zur Verbesserung der Harnsteinbehandlung leisten werden“, so Priv. Doz. Dr. Heidler abschließend.

 

© LKH Hochsteiermark

© LKH Hochsteiermark; v.l.n.r.: Roland Griebl (Vertriebsleiter Österreich, Richard Wolf GmbH); Dr. Georg Gotschuli (Institut für Radiologie und Nuklearmedizin, LKH Hochsteiermark); Dr. Gerhard Posch (Abteilung für Urologie, LKH Hochsteiermark); Priv.Doz.Dr. Stefan Heidler (Abteilung für Urologie, LKH Hochsteiermark); Univ.-Prof. Dr. mont. Dipl.-Ing. Daniel Kiener (Department Materials Science - Montanuniversität Leoben); Prim. Dr. Thomas Alber (Vorstand der Abteilung für Urologie, LKH Hochsteiermark).

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