Wasserstoff gilt als Schlüsselelement für die nachhaltige Materialherstellung. Allerdings ist er auch für seine schädlichen Auswirkungen auf Metalle bekannt, insbesondere für die Wasserstoffversprödung. Ist Wasserstoff dazu bestimmt, ein unerwünschter Gast in der Materialwissenschaft zu bleiben?
Nicht unbedingt: Forscher der Montanuniversität Leoben zeigen in einer kürzlich in der Fachzeitschrift Advanced Science veröffentlichten Studie, dass Wasserstoff auch als Werkzeug zur Erzeugung sonst unerreichbarer Mikrostrukturen genutzt werden kann.
In der Arbeit führt die Ultrahochverformung eines Komposits aus der äquiatomaren Hochentropie-Legierung (HEA) TiVZrNbHf und Kupfer zu vollständiger mechanisch hervorgerufener Legierung (d.h. Vermischung) und anschließender Amorphisierung. Wenn jedoch Wasserstoff durch Ersetzen der HEA durch die entsprechende Metallhydrid-Verbindung eingeführt wird, wird dieser Prozess unterdrückt und die Zweiphasenstruktur wird stabilisiert. Computer-Simulationen mit dem Monte-Carlo-Verfahren zeigen die zugrunde liegende Ursache: Die deutlich unterschiedlichen Wasserstoffaffinitäten der beiden Phasen in Verbindung mit der verringerten Verformbarkeit des Hydrids wirken als Barriere für das mechanische Legieren.
Diese „Hydrid Route” eröffnet einen neuen Ansatz zur Steuerung der Gefügeentwicklung, selbst in gut untersuchten Materialsystemen, und gibt Materialwissenschaftlern zusätzliche Möglichkeiten bei der Materialgestaltung – wodurch Wasserstoff von einem Problem zu einem Werkzeug wird.
Diese Forschung wurde am Institut für Materialwissenschaften und am Erich Schmid Institut (Österreichische Akademie der Wissenschaften) in Zusammenarbeit mit dem Lehrstuhl für Allgemeine und Analytische Chemie, DESY Hamburg und der Universität Wien durchgeführt. Diese Arbeit unterstreicht das Engagement der Montanuniversität Leoben, die Forschung im Bereich wasserstoffrelevanter Werkstoffe in Partnerschaft mit führenden nationalen und internationalen Institutionen voranzubringen.

